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Impuls zum 7. Juli 2024

Zum 14. Sonntag im Jahreskreis

Von Jost Eschenburg (Augsburg), pax christi-Diözesanverband Augsburg

Ich aber sage euch, nicht zu widerstehen dem Bösen. (Mt 5, 39)

ἐγὼ δὲ λέγω ὑμῖν, μὴ ἀντιστῆναι τῷ πονηρῷ

Dieser Satz ist eine Ungeheuerlichkeit. Soll man sich dem Bösen denn ergeben? Müssen wir nicht gerade dem Bösen, mit allen Mitteln widerstehen? Hier wird das Gegenteil gesagt: Nicht Wider-stehen. Gefordert wird es mit der ganzen Autorität Jesu, in ausdrücklichem Gegensatz zur Tradition: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge gegen Auge und Zahn gegen Zahn. Ich aber sage euch, nicht zu widerstehen dem Bösen.“ Ob „das Böse“ oder „der Böse“ gemeint ist, bleibt offen. Matthäus benutzt das gleiche Wort wie im Vaterunser: „sondern erlöse uns von dem Bösen“.

Der Satz wäre in der Tat unverständlich ohne die folgenden Beispiele, die das Nicht-Widerstehen erläutern: „Sondern, wer immer dich auf deine rechte Wange schlägt, wende ihm auch die andere zu; und dem, der beabsichtigt, dich zu verklagen und dir das Hemd zu nehmen, lasse ihm auch den Mantel; und wer immer dich zwingt zu einer Meile, geh mit ihm zwei. Dem, der dich bittet, gib, und den, der wünscht von dir zu borgen, weise nicht ab.“ 

Diese Beispiele sind viel bedacht worden. Was hat es mit der rechten Wange auf sich? Ein Rechtshänder, der jemanden auf die rechte Wange schlägt, tut es von hinten oder mit dem Handrücken, wie man eine lästige Fliege verscheucht. Wenn der Geschlagene nicht ausweicht oder flieht und auch nicht zurückschlägt, sondern sich zu dem Angreifer hinwendet, drückt er damit aus: Sieh mir in die Augen. Sieh dir wenigstens an, wen du da schlägst. Nimm mich als Person wahr! Bist du sicher, dass du mich schlagen willst? Oder willst du etwas ganz anderes schlagen, was vielleicht gar nichts mit meiner Person zu tun hat? 

Das Beispiel mit der zweiten Meile soll mit der römischen Besatzung Palästinas zusammenhängen. Die Soldaten seien berechtigt gewesen, Einheimische zu zwingen, ihnen ihr schweres Gepäck eine Meile (anderthalb Kilometer) weit zu tragen, vielleicht in der Hitze, womöglich bergauf. Wenn jemand diesen Sklavendienst freiwillig länger übernimmt, macht er aus seiner Unterdrückung etwas ganz anderes: ein Geschenk an den Soldaten. Auch du bist ein Mensch, drückt er damit aus; auch du leidest unter der Hitze und der schweren Last. Ich helfe dir noch ein wenig weiter. Vielleicht hilft es dir sogar, über uns Juden anders zu denken.

Die Palästinenserin Sumaya Farhat-Naser, Trägerin des Augsburger Friedenspreises, hat oft von ihrem Umgang mit Soldaten an den Checkpoints berichtet. Als ein junger Soldat sie schikanierte und ihr Leben bedrohte, sagte sie zu ihm: „Ich kenne deine Mutter“. Sie wollte eigentlich nur ausdrücken, dass sie wusste, wie seine Mutter ihn vermutlich erzogen hatte. Es hätte aber auch wörtlich wahr sein können, denn sie kannte viele Jüdinnen, und es gibt eine Organisation israelischer Frauen, Machsom Watch, die die Checkpoints beobachten. Die Wirkung war erstaunlich. Zwischen Opfer und Täter entstand plötzlich eine menschliche Beziehung, die alles veränderte.

Das Nicht-Widerstehen ist also kein Erleiden oder sich Beugen, sondern eine Transformation der Konfliktsituation. Zu Beginn sind die Rollen von Täter und Opfer (der Geschlagene, der zu Sklavendienst Gezwungene) klar verteilt. Aber das Opfer fällt aus der Rolle und reagiert unerwartet:  Ich lasse mich von dir nicht erniedrigen. Würde ich Dich bekämpfen oder beschimpfen oder weglaufen, bestätigte ich dich in Deiner Rolle. So aber gebe ich dir die Möglichkeit, mich als Person, als Mitmenschen wahrzunehmen und damit dein Denken zu verändern (μετανοεῖν, umdenken, von Luther mit „Buße tun“ übersetzt). Es ist niemals in Abrede gestellt worden, dass dies eine respektable ethische Haltung ist. 

Gefragt wurde vielmehr:
1. Kann man als einfacher Mensch wirklich so leben? Oder ist das eine Haltung für Jesus und einige Heilige, die wir bewundern ohne die Aussicht, selbst so zu handeln?
2. Selbst wenn man es schafft, die andere Wange hinzuhalten – darf das die Haltung eines Politikers sein, der nicht nur für sich handelt, sondern für sein ganzes Volk?

Moratorium der Bergpredigt
Ich möchte mich zunächst mit der zweiten Frage beschäftigen. Im Ersten Weltkrieg predigte ein damals recht bekannter evangelischer Theologe in Nürnberg, Friedrich Rittelmeyer: „Wenn uns aber jemand sagt: Du widersprichst dir! Der Krieg ist gegen den Geist Jesu, wie kann er nach dem Willen Gottes sein? – so erwidern wir: Der Geist Jesu ist etwas unendlich Hohes und Herrliches, das Höchste, was wir kennen und lieben. Wir werden ihn pflegen bei uns und bei anderen, so viel wir können, und halten das für die höchste Pflicht unseres Lebens. Aber das wird noch lange dauern, bis der Geist Jesu Christi ein entscheidendes Wort mitspricht in den Verhandlungen der Völker. So lange aber müssen wir uns als Einzelne der ehernen Notwendigkeit beugen, dass Krieg auch da ist und geführt werden muss.“

Max Josef Metzger, der zeitweilig in Meitingen lebende katholische Priester und Friedenskämpfer, der vor genau 80 Jahren von den Nazis ermordet wurde, sprach um 1916 von einem „Moratorium der Bergpredigt“ und wollte damit zum Ausdruck bringen, „dass durch den grauenhaften Weltkrieg das hehre Gesetz außer Kraft gesetzt worden sei, das der Heiland der Menschheit in der Bergpredigt gegeben. ... Was heute draußen an der Front ganz Europas sich vollzieht, dieses entsetzliche Morden der Völker Europas, es lässt sich mit allen Künsten der Sophistik und Dialektik nicht rechtfertigen vor dem Geist der Bergpredigt, vor dem Gesetz des Herrn!“  

Realpolitiker von Bismarck bis Helmut Schmidt haben immer wieder der Unterschied zwischen individueller und politischer Ethik betont: mit der Bergpredigt könne man keine Politik machen. In manchen Predigten von 1914 heißt es, der Kaiser habe gar kein Recht dazu gehabt, die „andere Wange“ hinzuhalten, vielleicht für seine Person, aber nicht für sein Volk. Dahinter steht ein Verständnis von Politik, das wir als Christen meiner Meinung nach nicht teilen können: In der Politik gehe es darum, die Interessen der eigenen Gemeinschaft durchzusetzen, wenn es hart auf hart komme, um jeden Preis. Dazu sei ein Politiker berufen oder gewählt; er sei seiner Gemeinschaft verantwortlich und habe kein Recht, anders zu handeln. Die Gegenposition ist: Ein Politiker ist verantwortlich nicht nur gegenüber seiner eigenen Gemeinschaft, sondern gegenüber allen, die von seiner Politik betroffen sind. Wenn Netanyahu diese Position verträte, hätte er nicht hundert Menschen umbringen lassen, um zwei Geiseln zu befreien und würde nicht zum künftigen Schutz der eigenen Bevölkerung die Heimat von 2 Millionen unbewohnbar machen. Hätten Biden und Johnson so gedacht, hätten sie wohl nicht die Annäherung zwischen der Ukraine und Russland im März 2022 verhindert. Das Ziel der ersten Position ist der Sieg der eigenen Seite, das der zweiten ist der Frieden. 

Und doch hat die Bergpredigt Politik gemacht, schon zur Zeit Jesu. Die Römer verurteilten ihn zum Tod eines Spartacus, eines politischen Revolutionärs, doch sie gaben  lieber den Gewalttäter Barrabas frei als Jesus. In den ersten Jahrhunderten war Gewaltfreiheit die vorherrschende christliche Haltung. Noch Martin von Tour, der Hl. Martin (317 – 397), der am Stadttor von Amiens den Bettler mit seinem halben Militärmantel bekleidet hatte („Diebstahl von Heeresgut“), verweigerte danach den Kriegsdienst, und als Bischof von Tours versuchte er (leider vergeblich), die Aburteilung von Priscillian zu verhindern, dem Ketzerei vorgeworfen wurde und der 385 deshalb hingerichtet wurde.

Die Wende war schon seit Kaiser Konstantin eingeleitet, der 312 in der Schlacht an der Milvischen Brücke gegen seinen Schwager Maxentius das Christus-Symbol auf die Schilde seiner Soldaten malen ließ. Das Kreuz, das Zeichen der Gewaltfreiheit, des Nicht-Widerstehens, wurde ein Symbol der staatlichen Gewalttätigkeit, das bis heute auf deutschen Panzern und Militärjets prangt. Die Christenverfolgung wurde beendet, Kaiser Konstantin bemühte sich um ein einheitliches christliches Bekenntnis (Konzil von Nicäa 325) und die Christen unterstützten seitdem die jeweilige Staatsmacht weitgehend kritiklos.

Dennoch hat es durch die gesamte Kirchengeschichte hindurch andere Ansätze gegeben. Franz von Assisi hat nicht nur der Legende nach Frieden mit dem Wolf von Gubbio geschlossen, sondern er hat auch mitten im 5. Kreuzzug den Sultan Al-Kamil in Damiette, Ägypten, aufgesucht, der seinerseits mehrfach versucht hat, Frieden mit den Kreuzfahrern zu schließen; ein paar Jahre nach diesem Besuch ist ihm das auch für zehn Jahre gelungen.

Von besonderer Bedeutung für unsere Stadt Augsburg sind die Mennoniten, eine reformatorische Glaubensrichtung, die den Kriegsdienst ablehnten und unter dem Namen „Gartengeschwister“ (weil sie keinen Versammlungsraum besaßen) hier ein Zentrum ihrer Bewegung hatten, bis sie ab Ende 1527 vertrieben oder umgebracht wurden. Doch es gibt sie noch oder wieder, auch in Augsburg. Sie gehören zu den Friedenskirchen, die sich weltweit für Frieden, Mediation, Opfer-Täter-Ausgleich (als Alternative im Strafrecht) und kreative Konflikttransformationen einsetzen. In der Augsburger Konfession, dem reformatorischen Bekenntnis von 1530 wurde dagegen im Artikel 16 festgelegt, dass „Christen ohne Sünde … rechtmäßig Kriege führen [und] in ihnen mitstreiten ... können“.

Du und ich, wir sind eins
Im 20. Jahrhundert hat die Bergpredigt Menschen wie Mahatma Gandhi und Martin Luther King in ihrem politischen Kampf geleitet. Gandhi sagte: „Du und ich, wir sind eins. Ich kann Dir nicht wehtun ohne mich zu verletzen“. „Es gibt keinen Weg zum Frieden. Der Friede ist der Weg“. Und M.L. King: „Die Liebe ist die stärkste Waffe der Menschheit, um persönliche und gesellschaftliche Wandlungen zu erreichen.“ „Gewaltlosigkeit ist eine machtvolle und gerechte Waffe. Fürwahr, sie ist eine einzigartige Waffe in der Geschichte; sie stößt zu, ohne Wunden zu schlagen, und sie adelt den, der sie handhabt.“ 

Einen Anteil an dieser Entwicklung hatte der russische Dichter Leo Tolstoi, der seit den 1880‘ger Jahren von eben diesem Vers Mt.5,39 geradezu durchgeschüttelt worden war. In seiner Schrift „Worin besteht mein Glaube?“ (1885) schreibt er: „Der Grundsatz des Nichtwiderstrebens dem Übel ist ein Grundsatz, der die gesamte Lehre zu einem Ganzen verbindet, aber nur dann, wenn er kein bloßer Ausspruch, sondern eine zwingende Regel, ein Gesetz ist. ... Das Bekennen dieses Grundsatzes als eines Ausspruchs, dessen Erfüllung ohne übermenschliche Hilfe nicht möglich sei, ist eine Vernichtung der ganzen Lehre.“

Damit wären wir bei unserer ersten Frage, mit der die Bergpredigt relativiert wird: Ist der Grundsatz der Gewaltfreiheit nur für die wenigen Heiligen erfüllbar, aber nicht für den „Alltags-Christen“? Doch in Mt.11,30 heißt es: „Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ Wie passt das zu einem anscheinend unerfüllbaren Gebot?

Im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg las ich von einem Theologen die Bemerkung, es gelte nicht nur das Gebot „Du sollst nicht töten“, sondern auch „Du sollst das Töten nicht zulassen“. Damit wollte er allen Ernstes die Waffenhilfe für die Ukraine rechtfertigen, die doch gerade das Töten (des Angreifers) zum Ziel hat. Da meinte ich auf einmal verstanden zu haben, was Jesus mit dem „sanften Joch“ meint. Das Töten nicht zulassen? Ja, habe ich denn die Macht dazu? Das einzige, was ich wirklich ändern kann auf dieser Welt, das bin ich doch selbst. Ich bin für mein Handeln verantwortlich, für nicht mehr und nicht weniger. Selbst die mächtigsten Menschen der westlichen Welt können das Töten nicht stoppen, solange sie nicht mit dem „Feind“ reden. Dagegen können sie es ins Unermessliche steigern, von einigen Tausend auf (bis jetzt) etliche Hunderttausend. In der Lüneburger Heide, wo ich früher gewandert bin, sollen demnächst 200 Tausend Artilleriegranaten pro Jahr hergestellt werden, der industriell gefertigte Tod für Mensch und Natur! Es hätte wahrhaft bessere Möglichkeiten des Handelns gegeben; Deutschland wäre es den Völkern der ehemaligen Sowjetunion, die unsere Wiedervereinigung ermöglicht haben, schuldig gewesen, in ihren Konflikten zu vermitteln statt sie zu verschlimmern.

Frieden und Gerechtigkeit fördern
Ich verstehe die Bergpredigt so, dass es nicht um ethische Maximalforderungen geht, sondern um eine andere Ausrichtung des Denkens und Handelns. Das sagen die Seligpreisungen, das Gebot der Feindesliebe, das Verbot des Richtens, das Gleichnis vom Splitter und vom Balken u.v.m. In der Politik dagegen wird ständig gerichtet und verurteilt; es geht dort eben nicht um Frieden, um einen Zustand, mit dem auch die „Anderen“ leben können, sondern um den Sieg. Die Politiker behaupten, in unserem Namen zu handeln; wir sollten dem laut widersprechen, die Christen und die Kirchen vor allen anderen.

Die Kirchen befinden sich in unserer Gesellschaft zunehmend in der Defensive; sie haben immer weniger Fürsprecher in der öffentlichen Meinung, und es wird ihnen kaum noch Kompetenz zugebilligt, nicht einmal mehr in moralischer Hinsicht. Dabei wäre das Thema Frieden ihre ureigenste Domäne, das Gebiet, in dem sie durch die Verkündigung des Evangeliums auf die Gesellschaft und die Politik einwirken könnten und müssten. Leider war und ist es umgekehrt: Die Politik prägt den Kirchen ihren Stempel auf. Auch die Schrift „Friede diesem Haus“, die kürzlich von den deutschen Bischöfen hier in Augsburg verabschiedet wurde, macht da keine Ausnahme: „Die Kirchen haben in ökumenischer Übereinstimmung verlautbart, daraus [aus der Absage an das Böse in der Taufe] leite sich die Norm einer vorrangigen Option für die Gewaltfreiheit ab, nicht die eines absoluten Gewaltverzichts. Gewalt anzuwenden ist mit dem Geist der Gewaltfreiheit demnach dann und nur dann vereinbar, wenn dabei auf jede Gewalt verzichtet wird, die etwas anderes bezweckt, als Frieden und Gerechtigkeit zu fördern.“ (Friede diesem Haus, (80).) Mit anderen Worten, eine Gewalt, die nur Frieden und Gerechtigkeit fördern will, ist mit dem „Geist der Gewaltfreiheit“ vereinbar. Aber noch jeder Gewaltpolitiker der Weltgeschichte hat behauptet, nur Frieden und Gerechtigkeit fördern zu wollen, deshalb lässt sich mit diesem Satz weiterhin jeder Krieg rechtfertigen.

Eigentlich haben sich die Kirchen immer auch für die einzelnen Menschen eingesetzt, oft in Opposition zum Staat. Aber im Krieg werden unzählige Menschen für die Interessen des Staates geopfert. Nicht einmal ihre genaue Zahl ist bekannt; sie spielt auch keine Rolle für politische Entscheidungen, solange noch genügend viele Menschen zum Töten und Sterben für ihren Staat verdingt werden können. Dem müssten sich die Kirchen eigentlich mit größter Vehemenz widersetzen. Warum sie tun es nicht?

Hier müssen wir von Verteidigung sprechen. Das Recht auf Selbstverteidigung eines Staates, der angegriffen wird, ist in der UN-Charta wie in der kirchlichen Lehre vom gerechten Krieg garantiert. Genau das lehnt Jesus ab in seinem „Ich aber sage euch“. Die moralische Bewertung des Bösen steht außer Frage. Aber wer Böses mit Bösem bekämpft, wird selbst infiziert und öffnet dem Bösen Tür und Tor. Deshalb sagt Paulus: „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute“ (Rm.12,21). 

Denn das Recht auf Verteidigung wird zum Recht auf Angriff gegen den Angreifer. „Auge gegen Auge“ genügt nicht; es gilt vielmehr das Gesetz des Lamech, eines Nachkommen von Kain: „Ja, einen Mann erschlage ich für meine Wunde, und ein Kind für meine Strieme“ (Gen.4,23). Um sich gegen den Angriff vom 7. Oktober zu verteidigen, hat die israelische Armee den größten Teil der Wohnungen von mehr als 2 Millionen Menschen fast vollständig zerstört und mehr als 30 Tausend Menschen umgebracht, die Verwundeten, die keine Versorgung mehr finden, noch gar nicht gezählt. Das Gesetz des Lamech.

Lassen Sie mich mit einem eher naturwissenschaftlichen Gedanken enden. Wir Menschen gleichen in vieler Hinsicht unseren Verwandten im Tierreich. Wie sie haben wir den Impuls, unser Revier gegen Eindringlinge der eigenen Art zu verteidigen, als Einzelne oder auch als Gruppe. Im Tierreich führt dies normalerweise nicht zu großen Katastrophen: Die Individuen oder die Gruppen, die unterlegen sind, ziehen sich zurück und der Fall ist erledigt. Die Art wird dadurch nicht wesentlich geschädigt. Aber anders als Tiere können Menschen mit ihrem Verstand den Gedanken fassen, die Bedrohung nicht nur momentan abzuwehren, sondern durch die physische Vernichtung der Feinde dauerhaft auszuschalten. Noch mehr: Auch wenn derzeit keine akute Bedrohung besteht, strebt man danach, diese für alle Zukunft auszuschalten durch Entwicklung immer schlimmerer und tödlicherer Waffen. Dummerweise können die „Anderen“ das auch. Damit wird der Mensch zu einer echten Bedrohung für sich selbst und für die gesamte belebte Natur. Deshalb bedarf er als einziges Wesen der Religion: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“ (Micha 6,8). Die Bergpredigt kann als Ausbuchstabieren des 5. Gebots „DU SOLLST NICHT TÖTEN“ verstanden werden. Es ist keine moralische Überforderung, keine Selbstkasteiung, kein Sich-Fügen, sondern eine Bedingung für das Überleben auf dieser Erde. Die Christen und ihre Kirchen wären aufgerufen, dies den Menschen und den Staaten ihres Einflussbereichs zu jeder Zeit mutig zu verkünden.